Im Zweiten Weltkrieg kämpften mehr Soldaten aus der Dritten Welt als aus Europa (wenn man von der Sowjetunion absieht). Sowohl die faschistischen Achsenmächte als auch die Alliierten rekrutierten in ihren Kolonien Hilfstruppen und Hilfsarbeiter oftmals mit Gewalt. Weite Teile der Dritten Welt dienten als Schlachtfelder und blieben nach Kriegsende verwüstet und vermint zurück. Allein China hatte mehr Opfer zu beklagen als die für den Krieg verantwortlichen faschistischen Mächte Deutschland, Italien und Japan zusammen. Hunderttausende Frauen waren Opfer sexueller Gewalt. Und bei der Befreiung der philippinischen Hauptstadt Manila waren 1945 mehr Bombenopfer zu beklagen als in Dresden, Berlin oder Köln.

Doch so gravierend die Folgen des Zweiten Weltkriegs in der Dritten Welt auch waren, in der hiesigen Geschichtsschreibung wurden sie lange Zeit kaum beachtet.

Dies zu ändern war und ist das Ziel des historischen Langzeitprojekts, mit dem das Rheinische JournalistInnenbüro in Köln in den 1990er-Jahren begann und das seit 2000 von dem gemeinnützigen Verein recherche international e.V. fortgeführt wird. 

Nach zehnjährigen Recherchen in 30 Ländern Afrikas, Asiens und Ozeaniens erschien 2005 das erste deutschsprachige Buch zum Thema („Unsere Opfer zählen nicht“, Verlag Assoziation A, Hamburg/Berlin). 2008 folgten Unterrichtsmaterialien und 2009 eine (Wander-)Ausstellung, die seit ihrer Premiere in Berlin in mehr als 60 Locations hierzulande und in der Schweiz zu sehen war. Eine englische Ausstellungsfassung tourt seit 2017 durch Südafrika. Für Mosambik wurde 2020 eine portugiesische Version erstellt.

Die Ausstellung besteht aus vier geografischen Kapiteln (zu Afrika, Asien, Ozeanien und Südamerika & Karibik) sowie aus zwei thematischen (zu „Judenverfolgung außerhalb Europas“ und „Kollaboration“). An zehn Hörstationen berichten Zeitzeug:innen aus verschiedenen Kontinenten von ihren Kriegserfahrungen. Drei Videostationen präsentieren „vergessene Befreier“ aus aller Welt, einen Animationsfilm über ein Verbrechen an Kolonialsoldaten in Westafrika und Kriegserinnerungen von Migrant:innen aus Köln und Umgebung.

Zum Abschluss des Projekts wird die Originalausstellung – rund um den 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa (am 8. Mai 2025) – noch einmal in einer aktualisierten und erweiterten Fassung im Kölner NS-Dokumentationszentrum gezeigt. Sie wird ergänzt um (lokal-)historische Fakten, die in anderen Ausstellungstädten und -ländern hinzugefügt wurden, und im Kellergewölbe des NS-DOK werden zudem künstlerische Reflexionen aus Afrika, Asien und Ozeanien zu Folgen des Zweiten Weltkriegs vorgestellt. 

Das umfangreiche Begleitprogramm entstand in Kooperation mit lokalen und überregionalen Initiativen und bietet mehr als 30 Veranstaltungen. Dazu gehören Vorträge, Lesungen, Theateraufführungen, eine Filmreihe, Live-Musik sowie eine Hiphop-Tanzperformance über afrikanische Kolonialsoldaten im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Beteiligt sind internationale Gäste aus Ägypten, Algerien, Frankreich, Italien, Marokko, Kamerun, Brasilien, Korea, Malaysia, Schweiz, Türkei und USA.

Zur Vernissage am 7. März 2025 werden Online-Versionen der Originalausstellung in Deutsch, Englisch, Französisch und Portugiesisch freigeschaltet, und im Archiv für alternatives Schrifttum (afas) in Duisburg bleiben die von recherche international e.V. in vier Jahrzehnten gesammelten historischen Materialien auch nach Abschluss des Langzeitprojekts weiterhin verfügbar.

Die Initiator:innen des Projekts „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ hoffen, dass die Ausstellung und die Begleitveranstaltungen zum Perspektivwechsel von einer eurozentrischen zu einer globalen Geschichtsschreibung beitragen und zu mehr Verständnis für die Geflüchteten von heute führen. Europa muss sich endlich der historischen Verantwortung stellen, die es gegenüber Kontinenten, Ländern und Regionen hat, die von europäischen Mächten durch Kolonialisierung und Krieg zerrüttet wurden.

Köln, März 2025

Christa Aretz / Karl Rössel (recherche international e.V.)

Zum Begriff „Dritte Welt“

Der Begriff „Dritte Welt“ ist in die Kritik geraten, weil damit Länder von Zentralafrika bis in den Südpazifik trotz all ihrer Differenzen als Einheit behandelt und sprachlich zwei Stellen unter der „Ersten Welt“ eingeordnet werden. Allerdings wird der Begriff im Rahmen dieses (Ausstellungs-)Projekts so verstanden, wie ihn Frantz Fanon, der Theoretiker
der antikolonialen Befreiungskämpfe, in die internationalistischen Debatten eingeführt hat. Fanon bezeichnete damit nicht nur die von kolonialer und neokolonialer Herrschaft Betroffen im „globalen Süden“. Er schloss ausdrücklich auch indigene und migrantische Minderheiten in den Industrieländern des Nordens mit ein, die sich ebenfalls gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus zur Wehr setzen müssten. In seinem bekanntesten Werk Die Verdammten dieser Erde schrieb Fanon zum Beispiel: „Die Dritte Welt steht heute als eine kolossale Masse Europa gegenüber; ihr Ziel muss es sein, die Probleme zu lösen, die dieses Europa nicht hat lösen können.“ Genau um die Rolle dieser „kolossalen Masse“ im Zweiten Weltkrieg geht es in dem Langzeitprojekt-Projekt von recherche international e.V.

Der Begriff „Dritte Welt“ wird – so verstanden – auch deshalb in der Ausstellung genutzt, weil der aus Martinique stammende Fanon im Zweiten Weltkrieg selbst in den Truppen des Freien Frankreich ge- gen Nazideutschland kämpfte. Dabei musste er feststellen, dass die Strukturen auch in den Streitkräften des Freien Frankreich rassistisch waren. Diese Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg haben Fanons spätere anti-kolonialen und anti-rassistischen Theorien maßgeblich geprägt.

Im Karibik-Kapitel der Ausstellung ist Fanon eine Tafel gewidmet. Im Begleitprogramm stellt seine Mitstreiterin Alice Cherki aus Algerien ihre Fanon-Biografie vor und der algerische Regisseur Mehdi Lallaoui präsentiert einen Dokumentarfilm über Fanon.

Tatsächlich hat sich an den hierarchischen globalen Macht- und Herrschaftsverhältnissen, die Fanon mit den Begriffen „Erste“ und „Dritte“ Welt beschrieben hat, bis heute wenig geändert. Dies zeigt sich zum Beispiel in den aktuellen Debatten über Ursachen und Folgen des Klimawandels. Denn während die Industrienationen der „Ersten Welt“ zweifellos die Hauptverursacher des Klimawandels sind, leiden all diejenigen, die Fanon zur „Dritten Welt“ zählte, ob sie nun aus dem globalen Süden oder Norden kommen, am schwersten unter den Folgen.


Eine wichtige und längst überfällige Aufklärungsschau, die zeigt, dass Millionen Soldaten aus der sogenannten Dritten Welt dafür kämpften, die Welt vom Faschismus zu befreien.
(3sat, 30.9.2009)

Es geht nicht um ein paar kleine Ergänzungen, sondern um Millionen von Kolonialsoldaten, freiwilligen und zwangsrekrutierten, um Zwangsprostituierte, um Millionen zivile Opfer, deren genaue Zahl zuverlässig nicht zu benennen ist, weil sich niemand die Mühe machte, nichtweiße Opfer allzu genau zu registrieren.
(FAZ – Frankfurter Allgemeine, 16.9.2009)

Im Eingangsbereich empfängt die Besucher eine Weltkarte, die klar macht, dass es im Folgenden um ein weites Schlacht-Feld gehen wird … Diese Ausstellung hat keine ‚Tendenz‘. Sie wird getragen von dem aufklärerischen Impuls, nicht länger den Zweiten Weltkrieg zu erzählen und dabei einen Gutteil der kämpfenden und leidenden Zeitgenossen unerwähnt zu lassen.
(der Freitag, 5.9.2009)

Um ein vollständiges Bild zu erreichen, zeigt die Ausstellung auch die Verfolgung von Juden außerhalb des deutschen Einflussbereichs und die Kollaboration mit den faschistischen Achsenmächten in der Dritten Welt – es gab dort nicht nur Widerstandskämpfer und Opfer, sondern auch Menschen, die mit den Nazis sympathisierten.
(Berliner Abendblatt, 20.8.2009)

Die Ausstellung versteht sich als Übersetzer und Vermittler der vergessenen Befreier und Zeitzeugen, daran lässt der dokumentarische Charakter keinen Zweifel.
(Deutsche Welle – World, Radio, 9.9.2009)

Hand aufs Herz: Welcher geschichtsinteressierte Zeitgenosse weiß schon, dass unter den 250.000 Opfern der US-Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki auch etwa 30.000 Zwangsarbeiter aus der japanischen Sklaven-Kolonie Korea waren, die in Japan für Rüstungsbetriebe wie Misubishi schufteten?
(Saarbrücker Zeitung, 9.2.2011)

Die Ausstellung … sieht den Krieg aus der Perspektive des Südens und räumt als erstes die eurozentrische Datierung 1. September 1939 bis 8. Mai 1945 ab. Vier Jahre vorher begann der Krieg Italiens, zwei Jahre vorher der Japans in China; und in Ostasien wurde noch Monate über den Mai 1945 hinaus gekämpft.
(Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 29.4.2011)

Gerade die ‚Hörstationen‘ … geben den Opfern einen Namen und ein Gesicht – und damit einen Rest von verlorener Würde. In der Textrubrik ‚Verdrehte Geschichte‘ werden die gröbsten Irrtümer, die übelsten Entgleisungen angesichts des Themas als Zitatbrocken aufgespießt – an diesem Detail zeigt sich der Impetus der Ausstellung womöglich am genauesten: Es gilt, Überlieferungen zu korrigieren, festsitzende Überzeugungen zu durchlöchern, falsche Urteile zu unterlaufen, kurz: den erprobten europazentrierten Blick auf eine historische Epoche zu überwinden.
(Badische Zeitung. 10.11.2010)

Wer hat schon von Hitlers Plänen mit den Juden auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent gewusst? Die Ausstellung will … erreichen, dass die zögerliche Wahrnehmung der außereuropäischen Perspektive stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wird.
(Churer Magazin, Chur, Schweiz, 20.12.2011)

Die Ausstellung versteht sich als Parteinahme für Millionen von Opfern, denen ihre Geschichte gleichsam gestohlen wurde … Gerade weil der Zweite Weltkrieg eine globale Katastrophe war, verbietet seine Erforschung das Aufrichten nationaler und kultureller Grenzen. Die Ausstellung selbst liefert ein großartiges Plädoyer dafür.
(Die Welt, 9.10.2012)

Dass die zwangsrekrutierten Befreier Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs keine Rolle mehr spielten im öffentlichen Bewusstsein und in der offiziellen Geschichtsschreibung, ist bis heute bitter für die Überlebenden.
(NDR-Kultur, 16.4.2013)

In deutschen Geschichtsbüchern kommt all dies nicht vor, der eurozentrische Blick, der nur von Europa ausgeht, herrscht immer noch vor. Und immer noch wird Geschichtsfälschung betrieben … Die Dritte Welt interessiert hier halt niemanden.
(Badisches Tagblatt, 29.10.2013)

Eine starke neue Ausstellung wurde im Castle of Good Hope in Kapstadt eröffnet. Sie … enthüllt, welche Opfer Länder in Afrika, Asien und dem Rest der Welt im Kampf gegen Nazismus, Faschismus und militärischen Imperialismus bringen mussten.
(China Global Television Network – Africa, Februar 2017)

In Südafrika führen wir seit vier Jahren eine hitzige Debatte um die Dekolonialisierung der Bildung. Die Ausstellung verdeutlicht, was dies in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der Geschichte heißt.
(Cape Town TV, Kapstadt, Südafrika, 10.3.2017)


Die erste deutschsprachige Publikation über die weitreichenden Folgen des Zweiten Weltkriegs in der Dritten Welt wurde seit 2005 in vier Hardcover-Auflagen vom Verlag Assoziation A (Berlin/Hamburg) herausgegeben. Eine ungekürzte Paperback-Ausgabe ist seit 2015 bei der Bundeszentrale für politische Bildung für 7 Euro erhältlich.

heinisches JournalistInnenbüro / Recherche International e.V (Hg.).: 
„Unsere Opfer zählen nicht“ – 
Die Dritte Welt im Zweiten 
Weltkrieg, 2005,
444 Seiten, 415 Fotos

Rheinisches JournalistInnenbüro / Recherche International e.V (Hg.).:
„Unsere Opfer zählen nicht“ –
Die Dritte Welt im Zweiten
Weltkrieg, 2005,
444 Seiten, 415 Fotos

Die geografischen Hauptkapitel beschreiben die Rolle Afrikas, Asiens, Ozeaniens und Südamerikas im Zweiten Weltkrieg. Weitere Abschnitte erinnern an Kolonialsoldaten im Spanischen Bürgerkrieg, Schwarze und Native Americans in der US-Armee, die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs im Nahen Osten sowie an die Kriegseinsätze australischer Aborigines und neuseeländischer Maoris. Dabei wird nicht verschwiegen, dass es in der Dritten Welt auch Kollaborateure der faschistischen Achsenmächte gab.

Das Buch wurde 2005 von 25 Kritiker:innen zum „wichtigsten Sachbuch des Jahres“ gekürt. Im Juni 2020 stellte es die Neue Zürcher Zeitung – neben Klassikern von Primo Levi, Raul Hilberg, Daniel Goldhagen und Hannah Arendt – als „eines von fünfzehn Werken über den Zweiten Weltkrieg“ vor, „die in den letzten 75 Jahren Debatten auslösten und Reflexionen anstießen“.

Auf der Internetseite www.3www2.de steht das Buch zum kostenlosen Downloaden zur Verfügung.

Leseecke
Zum Epilog der Ausstellung gehört eine Leseecke. Dort stehen neben Büchern von internationalen Gästen sowie von recherche international auch Publikationen aus Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika, die im Laufe von vier Jahrzehnten für das Langzeitprojekt Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg zusammengetragen wurden. Darüber hinaus liegen Rezensionen der Ausstellung, des Buchs „Unsere Opfer zählen nicht“ und der Unterrichtsmaterialien aus sowie eine Sammlung aller Artikel, die in der internationalistischen Zweimonats-Zeitschrift iz3w (Freiburg) von 2005 bis 2024 zu Aspekten des Ausstellungsthemas erschienen sind. Ein Sofa lädt dazu ein, in alledem zu stöbern.

Büchertische
Im Foyer des NS-DOK und an Büchertischen während der Veranstaltungen des Begleitprogramms werden Publikationen der Referent:innen und zu Aspekten des Themas angeboten.



NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (NS-DOK)

Appellhofplatz 23–25

U Appellhofplatz

www.nsdok.de | Tel. 0221 / 221 – 2 63 32

1. Do. im Monat (außer an Feiertagen) 10–22 Uhr
Eintritt: 4,50 | 2 Euro (ermäßigt), freier Eintritt für alle Schüler:innen, alle unter 18-jährigen Kölner:innen und alle Inhaber:innen des Kölnpasses.

Filmhaus Kino
Maybachstr. 111

U Hansaring S Hansaring

Filmforum im Museum Ludwig
Bischofgartenstraße 1

U Dom/Hauptbahnhof S Köln Hauptbahnhof

FORUM Volkshochschule
im Museum am Neumarkt
Cäcilienstraße 29-33

U Neumarkt

Literaturhaus Köln
Großer Griechenmarkt 39

U Poststraße

Bürgerzentrum Nippes – Altenberger Hof
Mauenheimer Str. 92

U Florastraße S Neusser Str./Gürtel

Theater im Bauturm
Aachener Str. 24-26

U Rudolfplatz

Deutsch-Spanischer Kulturkreis Antonio Machado e.V.
Severinsmühlengasse 1

U Chlodwigplatz

Tickets für die Veranstaltungen sind bei den jeweiligen Locations erhältlich.

Themenschwerpunkt der Zeitschrift iz3w
Dem 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa und der abschließenden Ausstellungspräsentation im NS-DOK widmet die internationalistische Zeitschrift iz3w aus Freiburg in ihrer März/April-Ausgabe 2025 einen 20-seitigen Themenschwerpunkt. Die Beiträge dafür stammen von Autor:innen, die in Köln und anderswo über Kriegsfolgen aus außereuropäischen Perspektiven referieren. Das iz3w-Dossier ist im Foyer des NS-DOK am Büchertisch erhältlich. Dort finden sich auch ausgewählte Bücher der internationalen Referent:innen.


Hier finden Sie alle Veranstaltungen nach Datum, Kategorie oder Ort:

Die nächsten Veranstaltungen:

Donnerstag, 20.03.2025 19:00 • FORUM VolkshochschuleDonnerstag, 20.03.2025 19:00
FORUM Volkshochschule
Vortrag

Mut und Widerstand

Fasia Jansen mit ihrer Mutter Elli und Schwester Rita, ca. 1939 (Foto: Fasia Jansen Stiftung e.V.)

Fasia Jansen mit ihrer Mutter Elli und Schwester Rita, ca. 1939 (Foto: Fasia Jansen Stiftung e.V.)

Die Resilienz Schwarzer Deutscher während des NS-Regimes

Mit: Katharina Oguntoye (Historikerin & Aktivistin, Berlin)
Moderation: Carolyn Gammon (Berlin)

Eintritt frei

An die Geschichten von Menschen afrikanischer Herkunft, die über Jahrhunderte in Deutschland lebten, wird viel zu wenig erinnert. Erst durch die Umbenennung einer Straße in Berlin wurde z. B. Anton Wilhelm Amo bekannt. Er war der erste afrikanische Student und Dozent an einer deutschen Universität im 18. Jahrhundert. Weniger berühmte Vertreter der afrodeutschen Community bleiben noch unentdeckt. Und doch sind es ihre Lebensgeschichten, die uns die historische Einordnung afrodeutscher Erfahrungen ermöglichen. Wer waren George Padmore, die Schwestern Erika und Doris DiekMotoro Bakari oder Fasia Jansen?

Katharina Oguntoye
Katharina Oguntoye

Anhand einer Auswahl von Lebensgeschichten zeichnet Katharina Oguntoye die Erfahrungen Schwarzer Deutscher in der NS-Zeit nach.


Katharina Oguntoye ist Ko-Autorin des Buches Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte (Berlin, 1986), Mitbegründerin der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (1985) und von ADEFRA (1986/1987) sowie des Vereins JOLIBA – Interkulturelles Netzwerk in Berlin e.V. (1997), den sie 25 Jahre leitete.

In Kooperation mit: Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Sonnenblumen Community Development Group e.V.; Theodor Wonja Michael Bibliothek; Black History Month Köln; Friedensbildungswerk Köln; Kölner Frauengeschichtsverein e.V.; Volkshochschule Köln

Freitag, 21.03.2025 10:00 • FILMFORUM im Museum LudwigFreitag, 21.03.2025 10:00
FILMFORUM im Museum Ludwig
Film

BLUES IN SCHWARZ-WEISS – VIER SCHWARZE DEUTSCHE LEBEN

May Ayim (Foto: Digitales Deutsches Frauenarchiv) Tyron Ricketts (Foto: Martin Kraft, wikimedia commons, Lizenz: CC BY-SA 4.0

May Ayim (Foto: Digitales Deutsches Frauenarchiv) Tyron Ricketts (Foto: Martin Kraft, wikimedia commons, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Schulvorführung

R: John A. Kantara | Deutschland 1999 | dt. Fassung | 37 min.


AFRO.TALK – DREI GENERATIONEN IM GESPRÄCH
R: Joshua & John A. Kantara | Deutschland 2008 | dt. Fassung | 16 min.

Eintritt frei

Der Filmtitel BLUES IN SCHWARZ WEISS stammt aus einem Gedicht der afrodeutschen Dichterin und Aktivistin May Ayim. Sie ist eine der vier Schwarzen Deutschen, die in dem Film von John Kantara aus ihren Leben erzählen. Die anderen sind Aminata Cissé-Schleicher aus Leipzig, die in der DDR aufgewachsen ist, der Musiker, Schauspieler und Produzent Tyron Ricketts sowie der 2019 in Köln verstorbene „Nestor“ der Initiative Schwarzer Deutscher, Theodor Wonja Michael. Von seinen Erfahrungen im Nationalsozialismus und mit Rassismus in der Nachkriegszeit erzählt er John Kantara und dessen Sohn Joshua auch in der Kurzdokumentation AFRO.TALK – DREI GENERATIONEN IM GESPRÄCH.

Die Filme sind geeignet für Schüler:innen ab 12 Jahren.

Im Anschluss: Gespräch zum Internationalen Tag gegen Rassismus
Mit: Katharina Oguntoye (Historikerin & Aktivistin, Berlin)
Moderation: Nancy Mac Granaky-Quaye (Filmemacherin, Köln)

In Kooperation mit: Sonnenblumen Community Development Group e.V.; Theodor Wonja Michael Bibliothek; Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Friedensbildungswerk Köln; Black History Month Köln; Kölner Frauengeschichtsverein e.V.; Volkshochschule Köln; agisra e.V. (Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen in Köln)  

Freitag, 21.03.2025 19:00 • FILMFORUM im Museum LudwigFreitag, 21.03.2025 19:00
FILMFORUM im Museum Ludwig
Film

„DEUTSCH SEIN UND SCHWARZ DAZU“

Cineastische Hommage an Theodor Wonja Michael

Eintritt frei

Theodor Wonja Michael gehörte bis zu seinem Tod im Jahr 2019 zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Bewegung Schwarzer Menschen in Deutschland. Am 15. Januar 1925 als Sohn eines Kameruners und seiner deutschen Frau in Berlin geboren musste er schon als Kind in „Völkerschauen“ auftreten und in der NS-Zeit in kolonialen Propagandafilmen mitwirken. 1943 in einem Arbeitslager nahe Berlin inhaftiert, wurde er 1945 von der Roten Armee befreit. Auch in der Nachkriegszeit hatte er Schwierigkeiten als Schwarzer Schauspieler seine Familie zu ernähren. Theodor Wonja Michael hat das (Ausstellungs-)Projekt „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ von Anfang an unterstützt und auf Veranstaltungen dazu in Köln und anderen Städten aus seinem bewegten Leben erzählt. Er war auch Protagonist in mehreren Dokumentarfilmen, die beim Kölner Afrika Film Festival gezeigt wurden, für das er 2017 die Schirmherrschaft übernahm.

Bei der cineastischen Hommage werden Ausschnitte aus diesen Filmen präsentiert, Erinnerungen an sein Leben vorgetragen und sein Nachlass vorgestellt.


Gäste: Katharina Oguntoye (Mitstreiterin in der Bewegung Schwarzer Menschen in Deutschland) | Carla de Andrade Hurst (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD-Bund e.V.) | Bebero Lehmann (Mitarbeiterin des DOMiD, das seinen Nachlass übernommen hat) Glenda Obermuller (Theodor Wonja Michael Bibliothek)

In Kooperation mit: Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; DOMiD e.V. (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland); Sonnenblumen Community Development Group e.V.; Theodor Wonja Michael Bibliothek; Black History Month Köln; Friedensbildungswerk Köln; Köln im Film e.V.; Eine Welt Netz NRW; Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD-Bund e.V.; Allerweltshaus Köln e.V.

Samstag, 22.03.2025 16:00 • FILMHAUS KINOSamstag, 22.03.2025 16:00
FILMHAUS KINO
Film

EMITAÏ

EMITAÏ

R: Ousmane Sembène | Senegal 1971 | Diola/WolofOmeU | 96 min.


Eintritt 7 | 5 Euro (ermäßigt), Tickets: filmhaus-koeln.de

Der Klassiker des afrikanischen Kinos zeigt die dramatischen Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs für die Bewohner:innen eines abgelegenen Dorfs in der Casamance. Der Regisseur stammt selbst aus dieser Provinz im Süden des Senegals. Erst rekrutiert die französische Kolonialverwaltung dort Männer gewaltsam für den Krieg in Europa. Dann sollen die verbliebenen Frauen auch noch ihre Reisernte zur Versorgung der französischen Truppen abliefern. An der Brutalität, mit der die französische Kolonialverwaltung die Kriegsabgaben eintreibt, ändert sich auch nichts, als die Beamten der mit den Nazis kollaborierenden Regierung von Vichy durch Anhänger des Freien Frankreich unter General Charles de Gaulle abgelöst werden. Die französischen Offiziere vor Ort bleiben dieselben und die von ihnen kommandierten Kolonialtruppen werden lediglich angehalten, die Propagandaplakate auszutauschen. 

Ousmane Sembène verarbeitete in diesem Film auch eigene Erfahrungen, die er als Kolonialsoldat im Zweiten Weltkrieg machte, und widmete ihn „allen, die für die Sache Afrikas kämpfen“. In Frankreich war der Film lange Zeit verboten. In Köln ist er nun erstmals mit englischen Untertiteln zu sehen.

In Kooperation mit: Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Friedensbildungswerk Köln

Sonntag, 23.03.2025 16:00 • FILMHAUS KINOSonntag, 23.03.2025 16:00
FILMHAUS KINO
Film

THIAROYE 44

Thiaroye 44

R: Marie Thomas-Penette & François-Xavier Destors | Senegal/Frankreich 2022 | frz/WolofOmeU | 72 min.

L’AMI Y A BON (DER FREUND AUS DEN KOLONIEN)
R: Rachid Bouchareb | Algerien/Frankreich 2004 | frzOmdtU | 9 min.


Eintritt 7 | 5 Euro (ermäßigt), Tickets: filmhaus-koeln.de

Der Dokumentarfilm THIAROYE 44 begleitet junge senegalesische Künstler:innen und Hiphop-Musiker:innen auf der Suche nach Spuren eines Kolonialverbrechens: Ende 1944 wurden afrikanische Kriegsheimkehrer, von denen viele deutsche Lagerhaft überlebt hatten, auf Befehl ihrer französischen Offiziere in Thiaroye, einem Vorort von Dakar, niedergemetzelt, nur weil sie ihren ausstehenden Sold einforderten. Der Historiker Martin Mourre, der die Spurensuche im Senegal unterstützt, geht davon aus, dass damals „300 bis 400 Kolonialsoldaten“ umkamen. Von französischen Regierungsstellen wurde dieses Kolonialverbrechen lange geleugnet. Aber Künstler:innen aus Afrika erinnerten immer wieder daran.

Dazu gehört auch der bekannte algerische Regisseur Rachid Bouchareb, der mit L’AMI Y A BON einen Animationsfilm über das Massaker von Thiaroye gedreht hat. Der Kurzfilm läuft auch im Afrika-Kapitel der Ausstellung DIE DRITTE WELT IM ZWEITEN WELTKRIEG dauerhaft an einer Videostation. Auf der großen Kinoleinwand wirkt der Film aber noch eindrucksvoller.  

In Kooperation mit:  Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Friedensbildungswerk Köln; Eine Welt Netz NRW

Samstag, 29.03.2025 16:00 • FILMHAUS KINOSamstag, 29.03.2025 16:00
FILMHAUS KINO
Film

INDIGÈNES

Indigenes

(TAGE DES RUHMS)

R: Rachid Bouchareb | Algerien/Marokko/Frankreich/Belgien 2006 | frz/arabOmdtU | 119 min.

JAMAL, RACHID, ROSCHDY, SAMY…, PETITS-FILS DE TIRAILLEURS
(JAMAL, RACHID, ROSCHDY, SAMY… DIE ENKEL DER «TIRAILLEURS»)
R: Morad Aït Habbouche & Hervé Corbière | Algerien/Marokko/Frankreich 2006 |  frz/arabOmdtU | 52 min.

Eintritt 7 | 5 Euro (ermäßigt), Tickets: filmhaus-koeln.de

Das monumentale Drama TAGE DES RUHMS ist der wichtigste Spielfilm über den Zweiten Weltkrieg aus afrikanischer Perspektive. Er erzählt von vier Kolonialsoldaten aus dem Maghreb, die erst in Italien, dann in der Provence und schließlich im Elsass für die Befreiung Europas von der Naziherrschaft kämpfen. 

Der Film lief in Frankreich landesweit im Kino und löste eine breite Debatte über die Diskriminierung afrikanischer Soldaten in den französischen Streitkräften sowie bei der Auszahlung ihrer Pensionen in der Nachkriegszeit aus. Denn der algerische Regisseur Rachid Bouchareb lud zur Premiere des Films in Cannes auch Veteranen aus Nordafrika ein. I

In der Dokumentation JAMAL, RACHID, ROSCHDY, SAMY… DIE ENKEL DER «TIRAILLEURS» ist ihr demonstrativer Auftritt auf dem roten Teppich des Filmfestivals zu sehen. Darüber hinaus sind darin die Begegnungen der Hauptdarsteller Sami Bouajila, Jamel Debbouze, Samy Naceri und Roschdy Zem mit ehemaligen Kolonialsoldaten in Nordafrika festgehalten. Dazu gehörte z.B. Youb Lalleg, der im Februar 1941 mit einem Regiment algerischer Kolonialsoldaten in den Krieg zog und sich noch sechs Jahrzehnte später sehr genau daran erinnerte. Er wurde zum Vorbild für eine der Hauptfiguren in dem Spielfilm.

In Kooperation mit: Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Friedensbildungswerk Köln

Sonntag, 30.03.2025 16:00 • FILMHAUS KINOSonntag, 30.03.2025 16:00
FILMHAUS KINO
Film

TIRAILLEURS

(MEIN SOHN, DER SOLDAT)

R: Mathieu Vadepied | Frankreich/Senegal 2022 | Wolof/frz OmdtU | 100 min.

Eintritt 7 | 5 Euro (ermäßigt), Tickets: filmhaus-koeln.de

Als ein 17-jähriger Senegalese im Ersten Weltkrieg von der französischen Armee zwangsrekrutiert wird, meldet sich sein Vater freiwillig zum Kriegsdienst, um ihn zu beschützen. Die beiden werden von Afrika nach Europa gebracht, wo sie für die Kolonialmacht an der Front kämpfen müssen. Während der Vater nichts unversucht lässt, das Überleben seines Sohnes zu sichern, gerät dieser unter den Einfluss eines französischen Leutnants.
Das eindringliche Drama über afrikanische Kolonialsoldaten im Ersten Weltkrieg war 2022 der Eröffnungsfilm in Cannes und ein Millionenerfolg in Frankreich. Hierzulande fand der Film jedoch bemerkenswert wenig Beachtung. Schauspielstar Omar Sy überzeugt darin als verzweifelter Vater, der alles riskiert, um das Leben seines Sohnes zu retten. Weil ihm das Thema so wichtig war, beteiligte sich Omar Sy auch an der Produktion.

Mit einer Einführung zur Rolle Afrikas im Ersten Weltkrieg von Cheikh Djibril Kane, (Historiker, dessen Urgroßvater im Ersten Weltkrieg zwangsrekrutiert wurde und der zur Geschichte der „Tirailleurs“ im Ersten und Zweiten Weltkrieg gearbeitet hat) und Oliver Schulten (Experte für afrikanische Geschichte und Autor des Standardwerks „A Humanitarian Assessment of Africa and the First World War 1900 – 1932“). Beide kommen aus Wuppertal.

In Kooperation mit: Afrika Film Festival Köln / FilmInitiativ Köln e.V.; Friedensbildungswerk Köln; Eine Welt Netz NRW